Das Wort „Epilepsie“ leitet sich vom griechischen Wort "epilambanein" ab, was bedeutet „überwältigt werden, Überraschungsangriff“. Gemeint ist das plötzliche Einbrechen eines Funktionsverlustes bis zum tonisch-klonischen Grand-mal-Anfall, der mit Bewußtseinsverlust und Zuckungen und Verkrampfungen des Körpers einhergeht. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche kleine epileptische Anfallstypen, die unter Umständen schwer von nicht-epileptischen Anfällen zu unterscheiden sind.

In Deutschland leben ca. 0,5 bis 1 % der Bevölkerung mit spontan auftretenden und wiederkehrenden Anfällen im Sinne einer Epilepsie. 5 - 7% der Menschen erleiden einmal während ihres Lebens einen einzelnen epileptischen Anfall. Es ist deshalb erstaunlich, dass 14 % der Deutschen noch nie von dieser Krankheit gehört und gelesen haben. Ursachen für Epilepsien sind Erkrankungen des zentralen Nervensystems durch Übererregung von Nervenzellen. Diese können z.B. ausgelöst werden durch Hirntumore, Narben nach Schädel-Hirn-Verletzung, Entzündungen des Nervensystems, Sauerstoffmangel während der Geburt oder Stoffwechselerkrankungen. Für epileptische Anfälle kann auch eine Disposition bestehen.

Epileptische Anfälle können sehr unterschiedlich ablaufen. Kleine Anfälle können lediglich sekundenlangen Abwesenheiten entsprechen und mit vegetativen Symptomen, wie Herzrasen oder Angstattacken, einhergehen. Andere Anfälle wiederum weisen eine längere Bewußtseinstrübung von 1 - 2 Minuten auf oder führen zu einer Verkrampfung der Muskulatur mit Sturz und Verletzungsgefahr (Grand-mal-Anfall). Die Mehrzahl der Betroffenen kann durch eine medikamentöse Therapie anfallsfrei werden oder zumindest eine erhebliche Verbesserung der Symptome erfahren. Dadurch können diese Menschen ein normales Leben führen.

 

Vorurteil

Eine EMNID-Umfrage (1996) zeigte, dass kaum ein Leiden mit so vielen Vorurteilen in der Bevölkerung behaftet ist wie Epilepsien. 20 % der Befragten glaubten, dass es sich bei Epilepsien um eine Geisteskrankheit handelt, 15 % hätten etwas dagegen, dass eines ihrer Kinder in der Schule oder beim Spielen mit Personen zusammenkommt, die manchmal epileptische Anfälle bekommen und 14 % sprechen sich dagegen aus, dass Menschen mit Epilepsien wie alle anderen Menschen in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden. Aufgrund solcher Vorurteile verschweigen eine Reihe von Patienten mit Epilepsien, dass sie an dieser Krankheit leiden und ziehen sich aus dem öffentlichen Leben zurück. Die Forschung in den letzten 20 Jahren hat jedoch gezeigt, dass wir es mit einer neurologischen Erkrankungsgruppe zu tun haben, deren Ursachen gut erklärbar sind und die häufig gut behandelbar sind, sodass Patienten sozial voll integriert sein können. Daher gibt es eine weltweite Kampagne unter dem Motto: "Epilepsie braucht Offenheit".

 

Bessere Diagnostik - bessere Therapie

In den letzten Jahren wurde die Diagnostik von Epilepsien erheblich verbessert, sodass die Abgrenzung einer Epilepsie von nicht-epileptischen Anfällen infolge von Kreislaufstörungen, psychischen Störungen oder Stoffwechselstörungen wesentlich besser gelingt als früher. Da sich die Therapie auf die Diagnose stützt, sollte bei ungesicherter Verdachtsdiagnose unbedingt eine Zweitmeinung durch eine speziell epileptologisch ausgerichtete diagnostische Einheit eingeholt werden. Die therapeutischen Möglichkeiten sind durch die Entwicklung neuer Antiepileptika -und im Falle der Pharmakoresistenz- durch gezielte patientenschonende chirurgische Eingriffe wesentlich erweitert worden. Falls bei adäquater Therapie mit Antiepileptika innerhalb von ein bis zwei Jahren keine Anfallskontrolle zu erzielen ist, ist es häufig angezeigt, den Patienten zu einer therapeutischen Zweitmeinung in einem Epilepsiezentrum vorzustellen, um dort die Weichen zur weiteren medikamentösen, nicht-medikamentösen, konservativen oder chirurgischen Therapie stellen zu können.